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zu Politik und Recht

Eugen David

Bundesrat auf China Kurs

Am 14. Januar 2024 war der chinesische Premierminister Li Qiang auf Schweiz-Besuch. Der Bundesrat hat den Gast mit einem Sonderzug am Flughafen Zürich abgeholt.

In Bern verständigte er sich mit dem Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas, das bestehende Freihandelsabkommen (FDA 2014) auszubauen.

Ausserdem offerierte er ihm einfachere Visa-Verfahren für Reisen chinesischer Geschäftsleute in die Schweiz. Die Chinesen können sich damit aufgrund des Schengen-Abkommens in der gesamten EU bewegen.

Li Qiang ist seit 2000 enger Gefolgsmann des kommunistischen Führers und Diktators Xi Jinping. In der Parteihierarchie steht er an zweiter Stelle.

Er war 2017 bis 2022 oberster kommunistischer Partei-Funktionär in Shanghai und setzte die von Xi Jinping angeordneten drakonischen Ausgehverbote während Covid-19 in der Millionenstadt mit aller Härte durch.

Massive Proteste der Bevölkerung Shanghais im Dezember 2022 zwangen Xi Jinping seine Verbote zu widerrufen.

In Bern rühmt Li die wachsenden Beziehungen zwischen der Schweiz und China. Seit dem FDA 2014 werden Waren aus China zu 99% zollfrei in die Schweiz importiert.

Importe aus China

Als Konsequenz ist die Schweiz heute in hohem Masse von Importen aus China abhängig. 2023 sind die Importe erneut um 11.8% gestiegen. In den hiesigen Baumärkten stammen um die 80% der Waren aus China.

Schweizer Firmen haben ihre Produktionsstätten in der Schweiz geschlossen und lassen sich aus China beliefern. Die Löhne sind dort zehn Mal tiefer als hier. 960 Millionen Chinesen verdienen weniger als 270 CHF monatlich (Yicai Global).

Die Waren werden von den Chinesen nach den Vorgaben der hiesigen Unternehmen gefertigt.

Mit tausenden Diesel-Güterzügen transportieren sie diese über tausende Kilometer nach Duisburg in Deutschland. Und von dort in die Schweiz. CO2-Ausstoss ist irrelevant.

Finanz-Business

Vor ihrem Untergang hatte die Credit Suisse von den Chinesen noch die Lizenz erhalten, das Vermögen reicher Chinesen auch in China zu verwalten. Die UBS wird vermutlich erben und mit der Industrial and Commercial Bank of China zusammenarbeiten.

Xi Jinping lässt die Bankenwelt allerdings wissen, dass sich ihr Business im Land – anders als im Westen - dem uneingeschränkten Führungsanspruch der Kommunistischen Partei unterwerfen müsse. Swiss Bankers wird das nicht schrecken, solange die kapitalistische Gewinnmarge stimmt.

Briefkastengesellschaften

Von Ausländern beherrschte schweizer Briefkastengesellschaften sind stark im serbelnden chinesischen Immobilien-Markt investiert. Sie hoffen auf bessere Zeiten und loben die Aktivitäten der chinesischen Regierung.

In der Schweiz gibt es um die 30'000 Briefkastengesellschaften, in der Regel von Ausländern beherrscht. Die Besitzverhältnisse sind gut getarnt. Den Behörden sind sie im Allgemeinen nicht bekannt.

Intransparent sind die vielfältigen globalen Aktivitäten der Briefkastengesellschaften und der Durchfluss von Milliarden Gelder durch die Schweiz. Die US- und EU-Sanktionspolitik funktioniert unter diesen Konditionen nicht, was die Schweiz für Oligarchen und Potentaten aus aller Herren Länder - auch aus Fernost - attraktiv macht.

Die Nationalbank verfolgt langfristig eine Frankenaufwertung. Damit unterstützt sie den Zufluss fremder Gelder von Ultra-High-Net-Worth Individuals (UHNWI) in den CH-Finanzmarkt. Die Oberschicht autoritär regierter Länder will den im System erlangten Reichtum diskret in der Schweiz sicher lagern.

Lob für den Bundesrat

Vertreter des chinesischen Regimes sind des Lobes voll für die Haltung der schweizer Regierung. Ihre rationale Einstellung zum Ausbau der China-Beziehungen sei ein Beispiel für andere europäische Länder.

Die geoökonomische Landschaft habe sich zwar dramatisch verändert und die ökonomischen und politischen Beziehungen Chinas zur EU hätten sich verschlechtert. Umso wichtiger sei Standhaftigkeit und gegenseitiger Respekt in den Beziehungen Schweiz-China. Der wirtschaftliche Nutzen sei ausschlaggebend.

Tatsächlich verfolgt der Bundesrat gegenüber China eine Appeasement-Politik. Von einem Abbau der wirtschaftlichen Abhängigkeit von chinesischen Importen (De-Risking) hält er – anders als die EU, aber in Übereinstimmung mit den Chinesen – nichts.

Er will dem chinesischen Regime den Zugang zu Europa und den politischen und wirtschaftlichen Einfluss in Europa über die Schweiz offen halten. Die SVP-BR Maurer und Parmelin hatten den Chinesen am 19.04.19 in einem Memorandum of Understanding versprochen, für das Belt and Road Projekt Xi Jinping’s in der Schweiz eine europäische Plattform zu errichten.

Chinesische Realitäten

China ist ein Einparteienstaat, totalitär regiert von Kadern der Kommunistischen Partei. An der Spitze steht auf Lebenszeit Xi Jinping mit den Befugnissen eines Diktators.

Er lässt die Bewegungen seiner Untertanen mit allen modernen technischen Mitteln überwachen. Jedermann wird auf seine Rechtgläubigkeit hin kontrolliert und elektronisch in Stasi-Akten dokumentiert – umfassender als seinerzeit in der DDR. Wer nicht genügend Punkte in seiner Dokumentation hat, erhält keinen Zugang zu den Bildungseinrichtungen.

Bürger werden per Gesetz aufgefordert, unpatriotische Verräter zu melden. In den Schulen muss laut patriotic education law Partei-Propaganda unterrichtet werden. Privatschulen sind verboten.

Seit dem 20. Kongress der Kommunistischen Partei Chinas vom Oktober 2022 führt Xi Jinping in der Partei wieder Säuberungen durch.

China gleitet immer mehr ab in eine Befehlswirtschaft. Xi Jinping sagt den Unternehmen, was zu tun ist. Der von der kommunistischen Partei gelenkte Staatssektor ist übermächtig. Die Fehlinvestitionen im Immobilienmarkt und die überschuldeten Provinzen und Städte sind eine Folge dieser Politik.

Mit dem Anti-Spionage-Gesetz wird die Auswertung von Wirtschaftsdaten und Statistiken durch Unternehmen kriminalisiert. Wer seriöse Wirtschaftsdaten veröffentlicht, wird wegen Verrat verurteilt.

Der Datenfluss der Unternehmen wird kontrolliert und – wenn nötig - unterbunden. In jedem grösseren Unternehmen überwacht ein Vertreter der kommunistischen Partei die Linientreue des Managements und der Mitarbeiter. Die Zensur aller Medien durch die kommunistische Partei ist Standard.

Unter nationaler Sicherheit versteht Xi Jinping die Unantastbarkeit seiner Person, seiner diktatorischen Macht und seiner Parteiclique.

Xi Jinping rüstet seine Armee auf, um bei Gelegenheit Taiwan zu annektieren und die Nachbarn – wie die Philippinen und Vietnam - an der Seegrenze unter Druck zu setzen.

Er will, zusammen mit dem russischen Diktator Putin, eine neue Weltordnung nach dem autoritären chinesisch-russischen Modell etablieren. Xi Jinping’s “Thought on Socialism with Chinese Characteristics for a New Era” ist im Rahmen einer Erziehungs-Kampagne Pflicht-lektüre für alle Parteikader.

Unmittelbar vor dem Angriff Putins auf die Ukraine im Februar 2022 sagte Xi Jinping seine Partnerschaft mit dem russischen Angreifer kenne keine Grenzen (no limits). Im UN-Sicherheitsrat, in welchem die Schweiz bis Ende 2024 vertreten ist, torpediert China jede Verurteilung des russischen Angriffs.

Ohne Bedeutung für CH-Politik

Das alles hat für die aktuelle Schweizer Regierung keine Bedeutung. Obwohl sie derzeit beim WEF in Davos erklären lässt, sie setze sich immer und überall für die Einhaltung des Völkerrechts ein, unter Einschluss der UN-Charta.

Im Verhältnis zu China ist sie mehr an reibungslosen Geschäften interessiert, auch wenn sich diese gegen Europa und gegen die hier geltende freiheitlich-demokratische Grundordnung richten

Ist es Absicht oder Naivität?

Eine Regierungspolitik, die sich für Interventionen Xi Jinping‘s in Europa instrumentalisieren lässt, ist so oder so verfehlt.

17.01.2024

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